Menschen neigen dazu, kleine Hunde schnell mal hochzunehmen. Meistens, weil sie ihren Hund schützen möchten. Und das ist auch in Ordnung. Wenn ein 35-Kilo-Labbi ungebremst und voller Begeisterung auf unseren Welpen oder Chihuahua zustürmt, wird so einem Würmchen vermutlich schon mal flau im Magen.
Dazu kommt natürlich die durchaus gegebene Verletzungsgefahr, denn wenn der 3-Kilo-Floh von der 40-Kilo-Dogge umgemöbelt wird oder die Pranke auf seinem Rücken landet, kann das schon mal böse Folgen haben und dem Winzling den durchaus nachvollziehbaren Grund liefern, andere Hunde, speziell die großen, ziemlich doof zu finden.
Ich würde meinen kleinen Hund auch hochnehmen, wenn ich der Meinung wäre, dass es Sinn machte. Allerdings niemals, ohne es vorher anzukündigen.
Denn das Problem ist, dass ein Hund sich erschrecken und sogar ängstigen wird, wenn er plötzlich und womöglich hektisch – weil man ja selber Angst hat - hochgerissen wird. Mit der Konsequenz,
dass die Gesamtsituation für ihn erstmal nicht unbedingt besser wird.
Das Unwohlsein des Hundes kann man ganz häufig beobachten: Der Hund zuckt zusammen, legt die Ohren ganz eng an den Kopf, macht große Augen, wird steif, versucht zu meiden und auszuweichen, strampelt herum, zittert.
Seelische Vorbereitung
Das ließe sich vermeiden, würde der Mensch vorher einfach mal sagen, was er zu tun gedenkt.
Wenn ich meinem Hund also beibringe, dass ich jedes Mal, bevor ich ihn hochnehme, ein bestimmtes Signalwort sage, wie z. B. „hochnehmen“, wird er bald wissen, was als nächstes passiert und sich nicht mehr erschrecken. Das kann man natürlich sinnvollerweise kleinschrittig auftrainieren.
Zum einen wird er das Hochnehmen als das verstehen, als was es auch gedacht ist – nämlich als Schutzmaßnahme und keine zusätzliche Bedrohung. Er kann sich seelisch darauf einstellen, dass gleich
die Hand kommen, der Mensch sich womöglich laut schnaufend und ächzend über ihn beugen wird – was viele Hunde per se als sehr unangenehm bis ängstigend empfinden –, er in die Luft gehoben und
sein Bewegungsradius – und damit die Freiheit, selber zu entscheiden, wohin er laufen möchte - massiv eingeschränkt werden wird.
Zum anderen ist das Ankündigen von bestimmten Aktionen dem Hund gegenüber einfach nur fair.
Stellen wir uns vor, wir haben einen Fussel o. ä. im Gesicht oder ein Blatt im Haar und es kommt jemand und greift uns wortlos und vielleicht ruckartig und schnell dort hin. Wir haben das nicht kommen sehen, weil wir anderweitig beschäftigt waren und werden uns natürlich erschrecken und zurückzucken. Ein unangenehmer, aber vermeidbarer Moment entsteht.
Würde derjenige vorher sagen „du hast da was“, empfänden wir die folgende Unterschreitung der Individualdistanz nicht mehr als bedrohlich. Als Mensch wird man vermutlich keine „Folgeschäden“ erleiden.
Mangelnde Kommunikation schafft Probleme
Aber ein Hund, der immer wieder plötzlich hochgerissen wird, wird mglw. im Laufe der Zeit eine Aversion gegen das Hochnehmen entwickeln. Er fängt vielleicht irgendwann an sich zu wehren, zu
knurren oder zu schnappen.
Ich kündige meinen Hunden alles Mögliche an, weil ich also möchte, dass sie wissen, was als nächstes auf sie zukommt.
Sinnvolle Ankündigungssignale
So sage ich z. B. „Leine“, wenn ich mich über sie beuge, um die Leine ans Geschirr zu machen oder sie abzuleinen.
Ich sage „anfassen“, wenn sie etwas im Fell haben, das ich entfernen möchte. Mit der Folge, dass sie stehenbleiben und still halten, statt herum zu zappeln.
Ich sage „Auge“, wenn ich einen Sandmann entfernen möchte, „Zähne“, wenn ich ins Maul schauen will, und ich sage „anziehen“ oder „ausziehen“, wenn ich ihnen das Geschirr über- oder abstreifen
möchte. Auch das hat den positiven Nebeneffekt, dass sie sich ihre Geschirre problemlos an- oder ausziehen lassen. Für viele Hunde ein echtes Thema!
Ebenso kündige ich den Freilauf an oder ein Spiel und sage „play“, bevor der Ball oder das Spieli fliegt.
Und genauso kündige ich an, wenn ein Spiel oder eine Trainingseinheit zu Ende ist. So braucht der Hund keine Erwartungshaltung mehr zu haben, springt nicht aufgeregt an mir herum, sein
Erregungslevel sinkt und der Frust bleibt aus.
Ich kündige an, wenn ein Hund von hinten kommt, was sie nicht bemerkt haben müssen, weil sie mit dem Mäuseloch zu sehr beschäftigt waren, oder wenn sich ein Fahrradfahrer oder Auto nähert, das
vorbeifahren möchte.
Oft belohne ich die ruhige Reaktion der Hunde, das Stillhalten, das sich Anfassen lassen danach mit einem Leckerli, einem Streichler oder lobenden Worten und verknüpfe so die Gesamtsituation zusätzlich positiv.
Wir reden häufig so viel mit unseren Hunden und quasseln sie zu. Aber die wichtigen Informationen unterschlagen wir gerne. Weil… Ja, warum eigentlich?
Der Hund lernt schnell zu verstehen und uns kostet es nichts, es ist kein Mehraufwand, es ist schnell erledigt, wir vermeiden Missverständnisse und Unsicherheit. Und die Hunde danken es
uns.
Genau dafür ist doch Kommunikation gedacht