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Hunde und Kinder - Ziemlich beste Freunde?

Entscheidet sich eine Familie dazu, einen Hund aufzunehmen, dann tut sie das häufig natürlich auch für die Kinder. Kinder wollen in der Regel irgendwann ein Haustier haben, das ist fast ein Naturgesetz. Ob nun Hamster, Kaninchen, Katze oder Hund – irgendwas Felliges muss her. Und eigentlich ist das auch gut so, denn es gibt Studien, die belegen, dass ein Zusammenleben mit Haustieren Sozialverhalten, Gesundheit, Glücksempfinden und Umweltbewusstsein fördert.

Doch nicht immer läuft es gleich rund. Warum das so ist und was ihr tun könnt, um gute Voraussetzungen im Zusammenleben von Kindern und Hunden zu schaffen, lest ihr hier.

 

Nicht süß! Die Augen des Hundes und sein Körperschwerpunkt sind vom Kind abgewandt - eine nette Geste, die signalisieren soll: "Ich fühle mich nicht wohl"
Nicht süß! Die Augen des Hundes und sein Körperschwerpunkt sind vom Kind abgewandt - eine nette Geste, die signalisieren soll: "Ich fühle mich nicht wohl"

 

Die Entscheidung ist also getroffen, es kommt ein Hund, womöglich ein Welpe, ins Haus, und nun sollen Hund und Kinder harmonisch miteinander leben, "ziemlich beste Freunde" werden, unzertrennlich und gemeinsame Abenteuer bestreiten. So ein bisschen wie bei den 5 Freunden. Oder Lassie.

 

Und vielleicht klappt das ja auch in vielen Fällen genauso. Aber ich weiß, in vielen Fällen auch nicht. Eltern haben manchmal seltsame Vorstellungen von dem Zusammenleben zwischen Hund und (Klein-)Kind.

So fragte mich mal eine ehemalige Kundin, was sie tun könnte, damit ihr dreijähriger Sohn die Bezugsperson von dem Welpen würde, weil sie selber keine Lust darauf hätte, diese zu sein. Der Welpe wurde nach ein paar Wochen weitervermittelt, weil er auch sonst die Erwartungen nicht erfüllte: Er zwickte den Sohn beim Spielen ständig in Hände und Arme, er pinkelte in die Wohnung, er zerbiss Schuhe – er war einfach nicht das nette Stofftier mit ein bisschen Eigenleben, das sich nur dann bewegte, wenn es dazu aufgefordert wurde.

 

Die Verantwortung tragen die Eltern - immer!

Eltern sind sich leider häufig nicht bewusst, dass sie die Verantwortung für das Tier tragen. Und je kleiner das Kind, desto sicherer ist das. Kinder sind natürlich am Anfang Feuer und Flamme und versprechen Tod und Teufel, auch bei den unangenehmen Aufgaben zu helfen. Aber Kinder sind nun mal Kinder. Und so verliert das neue Spielzeug sehr oft recht schnell ihr Interesse. Und man kann es ihnen auch nicht verübeln. Sie sind viel zu jung, um Verantwortung übernehmen zu können und sich der Tragweite aller Pflichten bewusst zu sein.

 

Eltern haben also die Verantwortung für das Tier. Aber nicht nur das! Sie sind ebenfalls dafür verantwortlich, den Umgang zwischen Kind und Tier zu managen und zu überwachen. Und genau ab da wird es häufig wirklich schwierig – in der Regel für das Tier. Vielleicht, weil viele Erwachsene den Fokus naturgemäß auf den Kindern haben, nicht jedoch auf dem Hund. Sie bemerken nicht einmal, wenn ein Hund falsch behandelt wird. Sie sehen es nicht oder sie sind der Auffassung, dass „der das abkönnen“ muss. Schließlich hat der Hund die Aufgabe, im wahrsten Sinne des Wortes, ohne Aufwand nebenherzulaufen, weil Zeit bleibt für den vor lauter Kindererziehung eh keine – und zu funktionieren.

 

Dass ein Hund ein ziemlich eigenwilliges Inneres besitzen kann, dass er, je nach dem, mit bestimmten Situationen Schwierigkeiten haben kann und dass er eine zeitintensive Erziehung benötigt, damit sich eben familiäre Harmonie dauerhaft einstellen kann – das ist Vielen tatsächlich nicht bewusst.

 

Kinder müssen den respektvollen Umgang mit Tieren lernen

Wenn ich teilweise sehe, wie Kinder mit ihrem „besten Kumpel“ umgehen, ohne dass Eltern einschreiten, dann stellen sich mir die Nackenhaare auf. Aber den Kindern ist selbstverständlich kein Vorwurf zu machen, sie wissen es nicht besser, sie müssen es erstmal lernen! Und zwar von verantwortungsvollen Eltern!

 

Das Spielverhalten von Kindern und Hunden ist sehr unterschiedlich, die Bedürfnisse von Kindern und Hunden ebenfalls. Kinder sind – verallgemeinert - laut, hektisch und oftmals schrill. Sie rennen, hüpfen, kreischen, heulen und benehmen sich spontan und unkalkulierbar. Allein dies sind schon Eigenschaften, die zumindest mal einen reaktiven Hund aus dem Konzept bringen: Sein Erregungsniveau wird nach oben schießen, und es ist gut möglich, dass er beginnt zu hetzen oder hochzuspringen, dass er anfängt aufgeregt zu bellen oder in seiner Überschwänglichkeit sogar zu schnappen. Wenn es in solchen Fällen keine gemeinsamen Regeln gibt, die aufgestellt werden, wird sich die Kind-Hund-Beziehung als sehr schwierig gestalten.

 

Natürlich kann ein gesunder Hund die - nüchtern betrachtet - wenig hundgerechten Eigenschaften von Kindern lernen zu ertragen. Von Vorteil wäre hier natürlich, dass er von Geburt an in einem Haushalt heranwüchse, in dem Kinder lebten. Hätte ich also kleine Kinder und wollte mir einen Hund anschaffen, würde ich definitiv nur einen Hund wählen, der bereits als Baby mit Kindern Kontakt hatte. Und zwar positiven! Trotzdem ist auch das keine Garantie dafür, dass der Hund später mit Kindern gut klar kommen wird.

 

Stress für Hunde klein halten

 

Hunde in Haushalten mit Kleinkindern haben naturgemäß eine Menge auszuhalten. Leider wird das häufig gar nicht wahrgenommen. Es beginnt schon damit, dass durch die Aktionen von Kindern der Hund sehr oft nicht annähernd den Schlaf und die Ruhe bekommt, die er bräuchte, um zu einem gechillten Hund heranzuwachsen. Ein Welpe sollte 20 bis 22 Stunden schlafen und ruhen, ein erwachsener Hund immerhin noch bis zu 18 Stunden.

 

 

Eine totale Katastrophe ist dieses Video - eines von Tausenden. Eltern lassen zu, dass das Kind auf dem Hund reitet und posten das Video stolz auf YouTube. Mehr Unverantwortlichkeit ist kaum möglich.

Der Hund kann sich immerhin aus der für ihn bedrängenden und unangenehmen und je nach dem Schmerzen verursachenden Situation befreien und auf Distanz gehen (statt zu schnappen). Sein Schütteln ist ein deutliches Zeichen für den vorherigen Stress. Ein absolutes NO GO und alles, nur nicht süß!

Wenn Eltern nicht darauf achten, dann passiert es schnell, dass die Kinder den Hund in seinen Ruhephasen stören. Ein Hund aber, der auf Dauer zu wenig Ruhe bekommt, entwickelt sich häufig zu einem unausgeglichenen Hund, dessen Erregungsniveau nie wirklich nach unten fährt. Und ein Hund, der sich permanent auf einem hohen Erregungsniveau befindet, wird kein leicht händelbarer Hund werden und kann sogar zu einer Gefahr heranwachsen.

 

Eltern haben die Verpflichtung zu erkennen, dass der Hund nicht nur schöngeredet ein Familienmitglied ist, sondern als solches auch ernst genommen wird. Ein Hund braucht wie ein Kind Aufmerksamkeit, Zeit und Geduld, um ihm Dinge beizubringen. Wenn diese Zeit nicht aufgebracht wird, dann läuft sehr schnell etwas aus dem Ruder.

 

Regeln für alle beugen Missverständnissen vor

Eltern sollten Regeln aufstellen, die alle ohne Wenn und Aber zu befolgen haben, um die Bedürfnisse des Tieres und die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten. Nur, wenn diese Regeln befolgt werden, hat der Hund die Chance, sich mental gestärkt und zu einem entspannten Hund zu entwickeln, und nur so können gefährliche Unfälle vermieden werden.

 

Kindern sollte von Beginn an beigebracht werden, dass auch Tiere mit Respekt zu behandeln sind und dass Tiere ebenso wie Menschen über Emotionen verfügen, die sowohl positiver als auch negativer Natur sein können. Ein Tier ist kein Stofftier, das man durch die Gegend tragen, zerren und schütteln kann. Ein Tier hat Bedürfnisse, Vorlieben und Abneigungen wie wir Menschen auch. Und vor allem hat jedes Tier seinen eigenen Charakter. Es gibt zwar auch viele Hunde, die Unangenehmes klaglos ertragen, aber es gibt auch ebenso viele Hunde, die dies nicht tun.

 

Setzt sich ein Hund jedoch zur Wehr und trifft es das Kind, dann ist der Schaden meist schnell recht groß, und statt zu überdenken, was schief gelaufen sein könnte, werden diese Hunde dann abgegeben, weil sie „ohne Vorwarnung“ gebissen haben und nun als „gefährlich“ und „unberechenbar“ eingestuft werden.

Das ist natürlich in den meisten Fällen eine vermeidbare, selbstverschuldete Situation aufgrund mangelnder Vorsicht, Gleichgültigkeit, Fahrlässigkeit und Fehleinschätzung. In den meisten Fällen hat der Hund schon lange vorher versucht zu kommunizieren, dass ihm irgendetwas nicht geheuer ist, dass er sich unwohl oder bedrängt fühlt. Nur leider werden diese freundlichen Signale, die zum Beispiel mit einem Kopfabwenden beginnen können, nicht wahr genommen.

Sobald der Hund aber massiver wird, erfolgt natürlich ein Eingreifen bzw. bekommt der Hund den Abstand, den er möchte. Der Hund lernt, dass er erst verstanden wird, wenn er deutlicher „spricht“, und so wird er seine erfolgversprechende Strategie weiter verfestigen – wenn man spätestens dann nicht entsprechende, simple Änderungen herbeiführt.

 

 

Menschen wollen zeigen, dass sog. "Kampfhunde" harmlos sind. Dabei sind es eben solche Distanzlosigkeiten - die hier im Fall durchaus harmlos sein können -, die einen (jeden) Hund in die Abwehr treiben können. Von den vermittelten Werten mal ganz abgesehen: Ein Tier ist keine Tapete zum drauf herummalen. Und die Tapete wäre vermutlich sogar tabu.

 

Absolute NO GOs:

 

Regeln sind also enorm wichtig, wenn man Eskalationen vermeiden und dem Traum vom „besten Kumpel des Kindes“ nahe kommen möchte. So wäre es sehr wünschenswert, dass Kinder folgendes NIEMALS tun dürfen:

  • unbeaufsichtigt mit dem Hund im Zimmer sein
  • alleine mit dem Hund Gassi gehen
  • den Hund beim Fressen stören
  • dem Hund Fressbares oder Spielzeug wegnehmen
  • den Hund beim Schlafen / Ruhen stören
  • den Hund ungefragt und nach Lust und Laune auf den Arm nehmen
  • den Hund anfassen und streicheln, obwohl er sich abwendet oder versucht, wegzugehen
  • den Hund über Kopf streicheln oder tätscheln
  • den Hund im Körbchen oder einem anderen Rückzugsort stören
  • sich auf den Hund setzen oder legen
  • den Hund gegen seinen Willen streicheln
  • den Hund eng umarmen
  • dem Hund in die Augen starren
  • dem Hund Nase an Nase begegnen
  • sich über den Hund beugen
  • dem Hund an den Ohren oder an der Rute ziehen
  • den Hund an der Leine herumschleifen
  • den Hund in irgendeiner Form bedrängen oder einengen
  • gegenüber dem Hund Chef spielen
  • den Hund erschrecken oder ihm durch unkoordinierte Bewegungen Angst machen

Wer solche Regeln umsetzt, schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe:

Der Hund hat die Chance, sich auch in einem trubeligen Kinderhaushalt sicher und geborgen zu fühlen, es gibt keine Notwendigkeit für ihn, unerwünschte Verhaltensweisen zu entwickeln, die die Kinder in Gefahr bringen würden.

Die Kinder lernen für ihr Leben, andere Lebewesen zu respektieren und mit ihnen auf eine Art umzugehen, wie sie es sich selber auch für sich wünschen würden. Als Eltern schauen wir auch nicht zu – so hoffe ich -, wie unser Kind einem anderen mit der Schaufel auf den Kopf haut. Ein Kind sollte also lernen, dass es keine Rolle spielt, ob es sich dabei um ein anderes Kind oder ein Tier handelt.

 

Und vielleicht werden so aus Hund und Kind tatsächlich die "ziemlich besten Freunde", die wir uns in unserer romantisierten Idealvorstellung erträumen.