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Die Ruhezone - Basis für den gechillten Hund und wichtiger als jede Gehorsamsübung

Viele Hunde, vor allem Welpen, tun sich enorm schwer, auf ihr Ruhebedürfnis zu hören, sich hinzulegen, zu entspannen und zu schlafen. Und bei einem Hund reden wir hier immerhin von 17 bis 22 Stunden (je nach Alter und Verfassung).

Auch lassen die häuslichen Bedingungen oft nicht zu, dass der Hund überhaupt zur Ruhe kommen kann - vor allem, in Haushalten mit Kindern. 

Dabei ist genügend Ruhe und Entspannung für den Hund die Grundvoraussetzung, entspannter auch schwierigen Situationen entgegenzutreten, gesund zu bleiben, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren, die wir ihm stellen, und zufrieden und ausgeglichen den Alltag mit uns zu bestreiten. Ein gechillter Hund ist die halbe Miete für ein stressfreies Zusammenleben. 

Doch wie geht Ruhe? 

 

Denn so einfach wie es sich anhört, ist es oft nicht. Viele Kunden beklagen, dass ihr Welpe oder Junghund meist am Abend komplett ausrastet.

Wie kriege ich also den Welpen dazu, endlich Ruhe zu geben? Wie mache ich, dass der Hund sich schnell entspannen kann, anstatt noch 2 Stunden durch die Wohnung zu tigern und Mist zu bauen?

Fakt ist, je mehr ich ihm "befehle", die Klappe zu halten und sich gefälligst in sein Körbchen zu legen, desto aufgeregter wird er werden. Das ist also zum Scheitern verurteilt. Denn der soll nicht einfach nur auf Befehl liegen, der soll entspannt liegen!

 

So wie bei Kindern ist es auch bei Hunden: Nach müde kommt doof. Und damit er nicht doof zu werden braucht, müssen wir ihm beibringen, was er Anderes tun kann. Die Basis dessen ist der Aufbau einer richtig gut verknüpften Ruhezone.

Wir schaffen einen Wohlfühlort, an dem der Hund nur eine Aufgabe hat: zu chillen! Dies ist in mehrerer Hinsicht eine Win-Win-Maßnahme für Hund und Mensch: Wenn er weiß, wo er hingehen kann, um sich wirklich sicher, geborgen und wohl zu fühlen, um herunterzufahren und zu entspannen, dann hilft ihm das auch in stressigen Situationen - z. B. Silvester oder wenn er Alleine bleiben muss. Oder wenn zu Hause die Party steigt oder aber Besuch kommt und er Probleme mit fremden Personen im Haus hat. Am Ende erspart uns eine Ruhezone tatsächlich eine Menge Aufwand und Sorgen. Der Hund kann dort geparkt werden, er entspannt, und wir haben unsere Ruhe.

 

Aufbau der Ruhezone

Wenn ihr eine Ruhezone für und mit dem Hund aufbauen wollt, ist es sinnvoll dafür einen Ort auszuwählen, an dem er vielleicht sowieso schon gerne liegt und sich öfters zurückzieht. Häufig mögen Hunde höhlenartige Unterschlupfe, entfernt von einem Fenster oder sonstigen Ablenkungen. Es sollte ein möglichst ruhiger Ort sein, ein Ort, an dem sich der Hund sicher und geborgen fühlen kann, sich aber nicht isoliert fühlen muss. Er soll am Familienleben ja teilhaben! Optimalerweise ist dieser Ort z. B. durch ein Gitter vom Rest des Raumes abgetrennt. Es kann ein gemütliches Körbchen sein und noch etwas Platz drumherum, so dass er seine Liegefläche verändern, wahlweise warm oder kühl liegen kann. 

In dieser Zone haltet ihr euch zunächst täglich immer wieder mit eurem Hund auf.

 

Unbedingte DO's in der Ruhezone:

  • sanft massieren, streicheln, kuscheln
  • ruhige Musik laufen lassen
  • gefüllter Kong zum Ausschlecken (z. B. prall gefüllt mit Hüttenkäse), das hat beruhigende Wirkung
  • den Kauknochen gibts nur noch hier 
  • Spielzeug anbieten, auf dem er auch kauen kann
  • Hauptmahlzeiten hier füttern
  • immer wieder Leckerlis in die Ruhezone streuen, um sie interessant zu halten
  • Entspannungstechniken wie die konditionierte Entspannung (Terminus bitte googeln, wenn ihr nicht wisst, was das ist) aufbauen und anwenden 
  • Thundershirt anziehen - Der Body, der einen konstanten leichten Druck auf den Torso ausübt, wirkt entspannend und schützend. Das Thundershirt sollte aber zunächst in entspannten Situationen angezogen werden, damit der Hund sich gut daran gewöhnt und positive Emotionen damit verknüpft.
  • Mit dem Relaxodog haben sehr viele Hundebesitzer bereits tolle Erfolge erzielen können. Die kleine "Wunderbox" sendet entweder hörbar Entspannungsmusik oder, für uns lautlos, bestimmte Geräuschwellen, die auf Hunde eine entspannende Wirkung haben. Auch, wenn es nicht so in der Beschreibung steht, empfehle ich, zunächst über klassische Konditionierung den Relaxodog aufzubauen! Sprich, das Gerät mehrfach laufen lassen, wenn der Hund sowieso entspannt ist.   
  • Lavendel hat beruhigende Wirkung. Ein paar Tropfen des Öls auf ein Halstuch getröpfelt kann schon beruhigend wirken. Ich würde jedoch vorher ausprobieren, ob der Hund darauf positiv reagiert! Man kann das Halstuch auch erstmal ins Körbchen legen und schauen, ob der Hund dorthin geht und sich dort gerne aufhält.  
  • Adaptil als Spray oder für die Steckdose wirkt häufig sehr beruhigend, allerdings hauptsächlich bei Hunden, die eine "gute" Welpenzeit bei der Mutterhündin hatten, denn Adaptil beinhaltet Pheromone, die die Mutter beim Stillen absondert, was beruhigend wirkt und die Welpen davon abhält zu fest zuzubeißen. 
  • Rituale und zunächst immer gleiche Tageszeiten beim Aufbau helfen, dass der Hund die Ruhezone von sich aus freiwillig aufsuchen wird, einfach aus Gewohnheit.

Kein Zwang - die Tür bleibt zunächst immer auf!

Der Ort soll emotional so positiv wie nur möglich aufgeladen werden. Der Hund soll sich hier im wahrsten Sinne des Wortes pudelwohl fühlen, deshalb bleibt die Absperrung zunächst immer offen! Und er wird niemals dorthin zitiert. Alles basiert auf Freiwilligkeit - er soll ja lernen, sich gerne dort aufzuhalten!

 

Wenn ihr merkt, dass euer Hund diesen Ort freiwillig immer öfter aufsucht und sich dorthin legt, um zu ruhen, dann habt ihr gute Arbeit geleistet.

Ihr könnt nun damit anfangen, auch mal die Tür kurz zu schließen, z. B. wenn er gerade seinen Kauknochen nagt oder den Kong ausschleckt. In der Aufbauphase macht ihr aber am besten die Tür wieder auf, BEVOR er mit dem Knochen bzw. Kong fertig ist, so dass er also auch danach noch weiter liegenbleibt und feststellt, dass Türe schließen nicht schlimm ist.

In einem zweiten Schritt könnt ihr die Dauer der geschlossenen Türe dann ausweiten.

Die Ruhezone soll in jedem Fall vor allem wirken, wenn die Tür offen bleibt. Sprich, die offene Tür soll nicht zum erleichternden Signal werden, die Ruhezone endlich verlassen zu können. Dennoch ist die Option, die Türe schließen zu können, eben durchaus hilfreich, wenn z. B. Besuch ansteht oder Kleinkinder herumkrabbeln, die keinen Zutritt zur Ruhezone haben dürfen.

 

Anwesenheit abbauen

Beginnt irgendwann, eure Anwesenheit in der Ruhezone abzubauen. Am besten, indem ihr zunächst in der Zeit, die ihr mit eurem Hund dort verbringt, nicht mehr mit ihm redet und ihn ignoriert. Später dann, indem ihr die Ruhezone gar nicht mehr oder nur noch selten aufsucht und ihn auch nicht ansprecht, wenn er sich dort aufhält.

Für den Hund wird die Ruhezone so auch zu einem wichtigen Kommunikationsmittel für euch: Er möchte gerade keine Interaktion mit euch. 

Wichtig ist, dass ihr die Ruhezone immer wieder mit schönen, ruhigen Dingen (wie links aufgelistet) aufpimpt, damit die Emotion "Entspannung" dort weiter fest verknüpft bleibt.  

 

Unbedingte DONT's in der Ruhezone:

  • Keine Kinder, niemals nicht! Dieser Ort gehört dem Hund. Hier wird er niemals gestört!
  • Keine Besucher, die dort eindringen.
  • Keine unangenehmen Dinge passieren hier.
  • Keine aktivierenden Spiele oder Bewegungen.
  • Keine Aufregung.
  • Kein Zwang.
  • Kein Kampfschmusen: Sprich, wenn geschmust wird, dann so, dass der Hund es genießen kann und nicht weglaufen möchte!
  • Kein Wegsperren des Hundes als Strafmaßnahme!

 

Fazit

Ihr werdet feststellen: Hat der Hund eine Ruhezone, die er gerne aufsucht, wird er viel schneller, dauerhafter und regelmäßiger Ruhezeiten einhalten und damit letztlich gechillter durchs Leben kommen. 

Für mich persönlich ist der Aufbau der Ruhezone die erste Maßnahme, sobald ein neuer Hund - egal welchen Alters - bei mir einzieht - noch vor jedem ersten "Sitz". Auch bei Welpen kann man damit sofort beginnen.

Versteht die Ruhezone als absolutes Fundament für alle Trainings, für alle Anforderungen und Aufgaben, die in den nächsten Jahren folgen werden. Ist das Fundament bröckelig, wird alles, was darauf aufbaut, euch irgendwann auf die Füße fallen.